Legacy of Kain: Soul Reaver
Autor: Andrea
Bewertung: 1
Vertrieb: Eidos Interactive
Entwickler: Crystal Dynamics (USA)
Erscheinungsjahr: 1999
Plattformen: PC, PSX, Dreamcast
Systemanforderungen PC: Windows 95/98, Pentium II, 32 MB RAM, DirectX 6-kompatible Grafik- und Soundkarte, 320 MB Festplattenspeicher
Genre: Action-Adventure
USK-Freigabe: Ab 16
Für den Vampir-Boss Kain läuft es prächtig: Nachdem er in "Legacy of Kain: Blood Omen II" seine dämonischen Widersache aus Nosgoth vertrieben hat, war es ihm ein Leichtes, den Widerstand der verbliebenen Serafan-Krieger zu brechen.
Mit seinen Söhnen - allen voran Raziel, dem Erstgeborenen - baute er danach sein Reich in Nosgoth auf und unterwarf die wehrlosen Menschen sowie die anderen Vampir-Clans.
Durch Metamorphose entwickeln sich Vampire immer weiter. Dies geschieht immer in einem Zustand der Starre und erfasste Kain stets als ersten. Eines schönen Tages trat bei Raziel - ihm wuchsen Flügel - die Verwandlung aber zu erst auf.
Daraufhin ließ Kain Raziel von seinen Brüdern in einen alles verschlingenden Vortex werfen, auf das er für alle Zeiten das Schicksal von Feiglingen und Schwächlingen ertragen sollte. Ein feiner Plan, der aber nicht aufging. Zwar wurde Raziel getötet und bis zur Unkenntlichkeit verstümmelt, jedoch bewahrte ihn eine übermächtige Gottheit vor der ihm zugedachten Strafe.
Diese Gottheit hat mit Kain wohl noch ein Hühnchen zu rupfen, und Raziel soll - wenn schon nicht seinem Retter zuliebe wenigstens aus persönlicher Rache - das in die Hand nehmen. Raziel willigt ein, und ab geht es zurück in die reale Welt. Dort angekommen, stellt er fest, dass seit seinem "Ableben" (oder wie immer man das nennen mag) mehrere Jahrhunderte vergangen sind, und das Land im Chaos versinkt. Auf der Suche nach seinen Brüdern und Kain streift Raziel fortan durch Nosgoth, wobei er immer wieder über Geheimnisse der Vergangenheit stolpert...
Tja, die Story klingt schon etwas konfus. Wer über die komplizierten Verhältnisse in Nosgoth nicht so genau Bescheid weiß, kann das ganze auf die Formel "Jetzt-räche-ich-mich-aber-an-meinen-alten-Kumpels" reduzieren und die Sache dabei bewenden lassen.
Gespielt wird aus der Verfolger-Perspektive in bekannter Tomb Raider-Manier. Auch ansonsten wurde viel von MIss Croft abgekupfert. Raziel läuft, springt und flattert (die Flügel sind ja nimmer richtig zu gebrauchen) durch die Gegend, drückt Schalter, schiebt Steine und verhaut mutierte Vampire. Allerdings unterscheidet sich Soul Reaver in wichtigen Kriterien klar von Tomb-Raider.
Da Raziel bereits tot ist, kann er mittels "Dimensionssprüngen" zwischen der wirklichen und spektralen Welt wechseln. Die spektrale Welt ist eine Ebene, welche auf den ersten Blick genauso wie die "wirkliche" Welt aussieht. Bei näherem Hinsehen erkennt man allerdings, das dem nicht so ist. Beispielsweise können Mauern in der spektralen Ebene eine andere Höhe haben oder in Wänden tauchen plötzlich Durchgänge auf. Sitzt man in einer vermeintlichen Sackgasse fest, ergeben sich daher auf der spektralen Ebene meist neue Möglichkeiten. Zum Wiedereintritt in die reale Welt muss jedoch immer ein spezieller Wechselpunkt gesucht werden.
Es gibt mehrere Zwischengegner, die aber in der Regel recht einfach zu besiegen sind. Hat Raziel einen Ober-Vampir eliminiert, bekommt er jeweils eine neue Fähigkeit. Mit diesen Fähigkeiten (zum Beispiel Schwimmer oder Klettern) können dann zuvor nicht zugängliche Areale erkundet werden.
Die Rätsel sind einfach bis ziemlich knackig gestaltet worden. Oftmals müssen mehrere Dimensionssprünge durchgeführt werden, um eine Aufgabe lösen zu können. Allerdings ähneln sich die Rätsel-Schematas doch sehr stark und dürften für fortgeschrittene Zocker keine unlösbaren Probleme darstellen.
Feinde lassen sich mit einer Taste anvisieren. Danach kann Raziel um die Gegner rotieren und ihnen mit seinen Klauen oder auch Waffen das Licht auspusten. Hat man einen Vampir erledigt - einige muss man regelrecht mit Waffen pfählen - kann Raziel dessen Seele aufsaugen und den eigenen Energievorrat auffrischen. Dies empfiehlt sich aber nicht bei allen Gegner, da diese nach erfolgtem "Aufsaugen" wieder auftauchen könnten.
Sterben kann man bei Soul Reaver eigentlich nicht. Wird Raziel so schwer verletzt, dass sein Energievorrat aufgebraucht ist, wechselt er automatisch auf die spektrale Ebene. Dort kann man warten, bis sich der Energievorrat von selber wieder erholt und dann den nächsten Wechselpunkt zum Wiedereintritt in die reale Welt aufsuchen, oder man verdrischt ein paar von den herumlungernden Geistern und saugt deren Seelen auf um den zuvor genannten Vorgang zu beschleunigen.
Speichern ist überall möglich, allerdings beginnt das Spiel beim Laden eines Spielstandes immer in der Höhle der alten Gottheit. Dieser Haken wird dadurch gemildert, dass die Entwickler eine Reihe von "Warptoren" im Spiel implementiert haben, mit deren Hilfe man in Windeseile weit entfernte Stellen von Nosgoth erreichen kann.
Dieser Umstand wirft die Frage nach den Ladezeiten auf. Antwort: Es gibt keine. Dank "Data-Streaming"-Technologie entsteht nur zu Spielbeginn eine kurze Ladezeit, die weiteren Ladevorgänge bleiben für den Spieler unbemerkt, was dem Spielfluss sehr entgegen kommt.
"Soul Reaver" dürfte den Spieler - je nach Erfahrung - für ca. 10 bis 20 Stunden beschäftigen. Das lässt sich nicht anders beschreiben, da das Spiel nicht über abgeschlossene Levels verfügt. Vielmehr wurden - mit Blick auf zusätzliche Fähigkeiten - etliche nichtlineare Optionen eingebaut. Dem Spieler ist freigestellt, ob er sich diese Fähigkeiten aneignet, oder einfach versucht, so durchzukommen. Bemerkt man am Ende, dass das eine oder andere Gimmick für den Endkampf nicht übel wäre, kann man sich immer noch auf die Suche machen.
Grafisch ist das Spiel am ehesten mit Tomb Raider III vergleichbar, wobei die PC-Variante natürlich eine höhere Auflösung wie das entsprechende PSX-Pendant aufweist. Die Animation der Hauptfigur ist recht ordentlich, einzigst die Kameraführung ist an einigen Stellen etwas unglücklich, so dass man leicht die Orientierung verlieren kann. Zum Umschauen können zwei Alternativen benutzt werden. Zum einen gibt es da den "Matrix"-Stil, wobei die Kamera um den Protagonisten kreist, zum anderen eine Art Ego-Perspektive, die sehr stark an Tomb Raider erinnert.
Der Soundtrack wummert mit bedrohlichen Themen vor sich hin. Je nach Raum wechseln sich diese Musik-Stücke fliessend ab. Die Auswahl der Synchron-Sprecher geht in Ordnung, allerdings sorgt die Stimme von Raziel für Stirnrunzeln. Der arme Kerl klingt irgendwie so, als ob man einen 13-jährigen mit üblen Zahnschmerzen vom Behandlungsstuhl vor das Aufnahmemikrofon gezerrt hätte.
Jedenfalls wird die Story durch eine Vielzahl von Monologen und Dialogen weiter erzählt. Diese Sequenzen sind alle - bis auf das Intro - mit der Grafik-Engine gestaltet worden.
Wer auf der Suche nach Spielen im Tomb Raider-Stil ist, wird mit Soul Reaver gut bedient, zumal das Game über einige Gimmicks verfügt, die bei Tomb Raider nicht vorkommen. Der größte Wermuts-Tropfen ist die eingeschränkte Speicherfähigkeit, welche das Spiel nur unnötig in die Länge zieht. Soul Reaver gibt es aber inzwischen - je nach Plattform - für ca. 15 Euro; da kann man über dieses Manko schon hinwegsehen.
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